Als kleiner Einstieg: Magst du uns eine kurze Beschreibung geben, was Schwangerschaftsyoga eigentlich ist?
Schwangerschaftsyoga ist Yoga für Schwangere, ganz logisch. Wir unterrichten Sampoorna Yoga, das ist das Yoga der Fülle. Da geht es darum den Körper und den Geist auf all seinen Ebenen zu verfeinern, also nicht nur auf der Matte zu stehen und sich körperlich zu bewegen, sondern auch die Atmung z. B. bewusst mit in die Einheit reinzuholen, sodass sowohl Körper als auch Geist trainiert werden. Wir sind im Alltag so viel gefordert und werden dauerhaft abgelenkt, müssen immer überall gleichzeitig präsent sein und wir sind so zerstreut mit unseren Gedanken. Das versuchen wir hier beim Sampoorna Yoga einen Ausgleich anzubieten. Den Geist ganz bewusst zu uns zu nehmen; nicht an das zu denken, was morgen und übermorgen ansteht,, sondern ganz bewusst bei sich zu bleiben. Nur so zieht man den größten Nutzen aus der Stunde und das Gleiche machen wir im Schwangerschaftsyoga. Da ist der einzige Unterschied natürlich, dass die Gruppe andere Ansprüche hat. Es sind einfach alles Frauen, die Schwanger sind, die aber genauso ganz bewusst damit arbeiten sich einerseits körperlich fit zu halten und in Schwung kommen. Auf der anderen Seite arbeiten wir ganz bewusst mit der Atmung, da diese sehr positiv unterstützend sein kann in der ganzen Schwangerschaft.
Im Sampoorna Yoga Zentrum bietet ihr auch einen Yogakurs für Schwangere an. Ist dieser Kurs eher pre- oder postnataler Natur?
Bei dem Kurs, den wir jetzt anbieten, sind nur Frauen, die schwanger sind, also Pränathal. Der Kurs richtet sich an Frauen in ihrer Schwangerschaft bis hin zu ihrer Entbindung. Postnatal haben wir noch nicht im Kursangebot. Dies ist aber natürlich auch eine Möglichkeit, um in der Rückbildung aktiv zu arbeiten, den Körper nach der Entbindung aktiv zu fördern, um den Heilungsprozess zu unterstützen.
Welche positiven Effekte hat Yoga während der Schwangerschaft?
Ich glaube man wird gerade in der Schwangerschaft, wo sich der Körper stark verändert: . Man wird schnell müde, kämpft mit Übelkeit, mit Schwindel. Da passiert es so schnell, dass man sich nur noch auf dem Sofa oder im Bett verkriecht und sich nicht mehr bewegt. Und gerade in der Schwangerschaft ist Bewegung sehr wichtig. Natürlich achtsame Bewegung! Durch bewusste Bewegung hält man den Kreislauf fit, wird sich seinem Körper und den Veränderungen des Körpers bewusster. Aber es geht dabei nicht nur um die Bewegung und den Körper, sondern, wie ich z.B. vorhin schon erwähnt hatte: Die Atmung. In unserer Gesellschaft wird oft nur noch flach geatmet, dies entsteht z.B. durch Stress, aber auch, weil es einfach nicht erlaubt ist tief ein- und auszuatmen, bewusst zu atmen. Und das ist gerade unter einer Entbindung, oder auch vorher, wenn leichte Wehen eintreten sehr wichtig. Man kann mit dem Schmerz anders umgehen, wenn man bewusst mit dem Atem arbeiten kann. Auch hilft dies der Kurzatmigkeit vorzubeugen.
Ausserdem lernen die Frauen, ihren Geist zu trainieren. Das heisst zum Beispiel ihre Gedanken zu kontrollieren, so kann gegen Angst und Panik gearbeitet werden. Man lernt sich auf das wesentliche im Moment zu konzentrieren und alles andere auszublenden, ganz im Moment zu sein.
Und du sprichst ja auch aus eigener Erfahrung – Du hast während deiner Schwangerschaft auch Yoga praktiziert. Magst du ein paar persönliche Erfahrungen mit uns teilen, in wie weit sich Yoga positiv auf dich und die Schwangerschaft ausgewirkt hat?
Ja, ich habe während meiner Schwangerschaft selbst Yoga gemacht. Ich war selbst sogar 2 1/2 Monate im Ashram von Shri Yogi Hari. Also dem Ort, wo er lebt und unterrichtet Das war alles Yoga. Von Morgens bis Abends alles Yoga, zwei bis drei Hatha Yoga Einheiten pro Tag, Karmayoga, Satzung etc.. Ich habe dann auf meine Weise mitgemacht , ich habe bestimmte Positionen und Atemübungen angepasstBin so ganz viel im Fluss geblieben und konnte meinen Körper ganz anders wahrnehmen. So warich damit natürlich auch körperlich fit für die Entbindung. Die regelmässige Meditationseinheiten, der Satzung, all diese Momente und die Menschen haben mich positiv in dieser Zeit beeinflusst, so dass ich eine sehr friedvolle Zeit vor Ort erlebt habe.
Ist Schwangerschaftsyoga für denn für jede Frau geeignet?
Ja, generell schon. J jede Frau, die sich wohl fühlt und einigermaßen fit auf den Beinen ist, darf Schwangerschaftsyoga mitmachen. Wir sagen immer: jede Frau, die bei uns die Treppe hochkommt, kann unbedenklich Yoga mitmachen. Wenn jemand irgendwelche besonderen Voraussetzungen hat, oder Komplikationen in seiner Schwangerschaft hat, bitten wir immer uns diese mitzuteilen, damit wir ggf. Anpassungen vornehmen können. Aber eigentlich ist es gar kein Problem: jeder kann, auch in der Schwangerschaft, Yoga mitmachen.
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Ab welcher Schwangerschaftswoche sollte man mit Yoga anfangen?
Man kann gleich von Anfang an teilnehmen. Wir haben auch Teilnehmerinnen, die aus dem normalen Yoga übergehen ins Schwangerschaftsyoga, oder auch in unseren normalen Kursen parallel mitlaufen. Man kann Yoga, ohne Probleme, bis zum letzten Tag vor der Entbindung machen.
Atemübungen sind ein Teil jeder Stunde. Könntest du uns ein paar Beispiele für Atemübungen nennen?
Wir arbeiten bewusst mit der Atmung, Wir beginnen immer mit der Bauchatmung, um erstmal überhaupt ein Gefühl für den Atem zu bekommen – Erst einmal runterzukommen, anzukommen. Nach der Bauchatmung machen wir die volle Yogaatmung, wo wir den Bauch- und Brustraum weiten, viel Energie aufnehmen und uns unserer Atmung bewusst zu werden. Und dann machen wir eine angepasste Wechselatmung, bei der der Atem nicht mehr gehalten wird. In der Schwangerschaft wird gesagt, man sollte wenn möglich die Luft über längere Zeit nicht anhalten, Wenn man jetzt zweimal Sekunden die Luft anhält, das macht man ja auch im Alltag, da wird nichts passieren. Aber deshalb wird die Wechselatmung bei uns angepasst. Man atmet nur noch wechselseitig ein und aus, aber in einem speziellen Rhythmus, sodass beide Gehirnhälften aktiviert werden und man so bewusst ruhig wird. . Die ganze Stunde überarbeiten wir mit dem Ujjayi Atem, um sich bewusster zu werden, seinem Atem aktiv lauschen zu können und den Geist zu fokussieren. Wir machen auch den Brahmari Atem, der wird auch der Bienenatem genannt. Das ist ein Klang, mit dem man dann arbeitet. Das sind alles wundervolle Atemübungen, um sich in dieser Zeit dem Atem intensiver bewusst zu werden, lernen aktiv zu atmen, um dies auch unter der Entbindung z.B. abrufen zu können.
Wie läuft eine typische Schwangerschftsyoga-Stunde bei euch ab?
Bei uns laufen die Stunden für die Schwangeren genauso ab, wie alle anderen Stunden auch. Wir fangen mit einer leichten Anfangsentspannung an, um anzukommen, den Alltag beiseite zu legen und sich bewusst zu machen: „Jetzt bin ich hier, jetzt bin ich auf einer Matte. Ich bin hier ganz entspannt und ruhig und treffe die klare Entscheidung, alles andere erst einmal warten zu lassen“. Dann machen wir weiter mit den Dehnübungen, als Vorbereitung für die Atemübungen. Darauf folgen die Atemübungen und dann machen wir ein paar Sonnengrüße, die sind angepasst. Dann gehen wir über in die Asanas. In diesen Positionen des Körpers machen wir Vorwärts-, Rückwärts-, und Seitwärtsdehnungen, drehen und bewegen den Körper in alle Richtungen der Wirbelsäule und beenden alles zum Schluss mit einer Endentspannung.
Die Asanas werden ja auch angepasst. Gibt es bestimmte Asanas, die während der Schwangerschaft besonders gut und unterstützend wirken?
Es gibt unterschiedliche Asanas, die man bewusst nutzen kann. Alle Asanas, die die Hüfte öffnen, sind natürlich wunderbar. Auchdie Hockpositionen sind sehr gut. Positionen, in denen die Beine hochgelagert werden, damit das Blut zurückfließen kann, damit sich nicht so viel Wasser und Blut staut. Wir machen die Übungen teilweise ein bisschen langsamer und angepasster. Wir machen viele Vortwärts- und Rückwärtsbeugen, weil der untere Rücken während der Schwangerschaft extra viel Gewicht tragen muss. Viele Frauen haben während dieser Zeit Beschwerden im unteren Rücken, im ISG Bereich, weil einfach viel mehr Gewicht und viel mehr als sonst und ungewöhnlich in eine Richtung zieht. Da muss der Rücken gegen arbeiten und da zu unterstützen ist natürlich wichtig. Dies wird bewusst durch Muskelaufbau, aber auch durch richtige Haltung und Entspannung ermöglicht.
Kann man Schwangerschaftsyoga Zuhause praktizieren, oder sollte man besser einen Kurs besuchen, mit professioneller Leitung?
Ich glaube gerade in der Schwangerschaft, weil es doch eine besondere Situation ist, würde ich immer empfehlen einen Kurs vor Ort zu besuchen. Wenn vor Ort, z. B. durch die aktuelle Situation nicht möglich ist, sollte man einen Kurs online live machen, sodass da jemand ist, der einen auf dem Bildschirm sieht und ggf. korrigieren kann.
Für diejenigen, die während der Schwangerschaft Yoga Zuhause praktizieren: Gibt es Positionen, die man auf jedenfall nicht machen sollte?
Es gibt schon Übungen, die man vermeiden sollte. Alles, was natürlich auf dem Bauch ist, wird schwierig. Ganz logisch, da ist einfach zu viel Bauch. Aber man kann die Übungen anpassen. Auch ab dem 3. Monat wird fast schon empfohlen nicht mehr auf dem Rücken zu liegen, weil dann zu viel Gewicht von oben drückt. Viele Schwangere merken das aber auch ziemlich schnell selbst, dass das unangenehm wird. Und dann muss man schauen, dass man den Bauch nicht einengt. Es gibt so Positionen wie z. B. den Drehsitz, der angepasst wird, weil beim Drehsitz normalerweise die ganzen inneren Bauchorgane massiert werden. Normalerweise ist diese Enge gewollt, aber in einer Schwangerschaft wollen wir natürlich keine Enge für den Bauch, sondern Weite. Also passen wir die Asana an.
Ausserdem sollte man einfach ein bisschen bewusster praktizieren.
Der Schulterstand wird von einigen Lehrern unterstützt, von anderen abgelehnt. Es gibt keine offiziellen Studien darüber, aber es besteht die Angst, dass sich die Plazenta lösen könnte. Wir unterrichten ihn vor Ort nicht, sondern wir lagern die Beine hoch, strecken die Beine hoch, so fliesst das Blut auch zurück Richtung Herzen Aber jeder kann im Endeffekt selber entscheiden, wie weit er gehen möchte. Was wir anbieten, ist einfach anzupassen, je nach Bedürfnis jeder Frau. Wir sind in ganz engem Kontakt mit den Schwangeren, sprechen das auch immer vorher und nachher an. Bei Positionen, in denen man schnell hochkommt, wie das z. B. im Sonnengruß ist, müssen Schwangere teilweise einen Schritt runterfahren, weil der Kreislauf ein bisschen langsamer ist
Auch die Endentspannung wird angepasst, Wir liegen nicht, wie sonst üblich, in Shavasana auf dem Rücken, sondern liegen seitlich auf dem Boden.
Wir haben ja schon darüber geredet, dass Yoga viele Positive Effekte mit sich bringt. Wird Schwangerschaftsyoga denn auch von den Krankenkassen bezuschusst?
Ja, wenn man als Einrichtung, als Yogazentrum oder als Lehrer zertifiziert ist, dann kann man auch eine Bezuschussung nach einer erfolgreichen Teilnahme des Kurses erhalten. Auch unser Schwangerschaftskurs ist von den Krankenkassen anerkannt. Zurzeit ist unser Schwangerschaftskurs acht Wochen lang. Man muss 80 % anwesend sein, damit man eine Bescheinigung und somit den Zuschuss von der Krankenkassen bekommt. Das gilt als Präventionsmaßnahmen und hat nichts direkt mit der Schwangerschaftsvorsorge zu tun. Das ist wirklich Prävention, um Entspannung zu fördern.
Kann man bei euch auch zwischendurch einsteigen, oder gibt es feste Kursanfangszeiten?
Wir haben regelmässige Kurse vor Ort. Ein Quereinstieg ist jederzeit möglich. Durch Corona ist alles sowieso etwas flexibler Der nächste Kurs fängt im Januar an. Am besten einfach direkt bei uns melden und dann kann man schauen, wo der beste Zeitpunkt ist einzusteigen.
Vielen Dank für deine Zeit, Marta, und den Einblick den du uns ins Thema Schwangerschaftsyoga gegeben hast!
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